Ökofonds investieren nur in Konzerne, die die Umwelt retten wollen? Mitnichten. In den Fonds finden sich auch Aktien von Autobauern, Airlines und Erdöl-Multis. Im Bankenwesen bedeutet “Öko” und “Ethik” mehr als Windkraft und Solarenergie. Nachhaltigkeit wird zur dehnbaren Größe. stern.de bringt Licht in den Begriffsdschungel.
Der Klimawandel zwingt bei vielen Dingen des täglichen Lebens zum Umdenken. Wir sollen Benzin sparende Autos kaufen, weniger Energie verbrauchen und möglichst nicht jedes Jahr mehrmals in den Urlaub fliegen. Aber wie verhält es sich bei der Geldanlage? Wie können Verbraucher mit gutem Gewissen investieren, sich ökologisch korrekt verhalten?
Keine klaren Begrifflichkeiten
Nicht in jedem Investmentfonds, der im Namen das Wort Öko enthält, muss auch wirklich “öko” drin sein. Der Begriff werde oft benutzt, weil er “am wenigsten schädlich klingt”, sagt Annabel Oelmann, Anlage-Expertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. So befinden sich in solchen Investmentfonds oft auch Aktien von Automobilkonzernen, Fluggesellschaften und Erdöl-Firmen. Alles Unternehmen, von denen man nicht unbedingt annimmt, dass sie immer umweltfreundlich agieren. “Mit Ökofonds wird Schindluder betrieben. Es fehlen einfach klare Begrifflichkeiten. So etwas irritiert den Verbraucher”, so Oelmann.
Ökoindizes geben Aktienauswahl für Fonds vor
Die Investmentbranche hat den Öko-Trend schon frühzeitig erkannt und Aktien zu Index-Paketen geschnürt. Ein prominentes Beispiel ist der European-Renewable-Energy-Index von der Société Générale, kurz Erix. Er enthält zehn Unternehmen aus den Bereichen Solar, Wind, Wasser und Bioenergie. Noch breiter aufgestellt ist der Dax-Global-Alternative-Energy-Index. Er umfasst 15 Unternehmen aus den Bereichen Ethanol, Geothermie, Erdgas, Solar und Wind. Sonnenanbeter können bei der Société Générale in den World-Solar-Energy-Index Solex investieren. Sechs der insgesamt zehn Werte stammen dabei aus Deutschland. Die SAM Group (Sustainable Asset Management) hat zusammen mit Société Générale und Dow Jones Indexes/Stoxx Bioenergie-Aktien in einem Index zusammengefasst – den World Bioenergy Total Return Index, kurz Biox. Der enthält die größten Unternehmen, die im Bereich Bioenergie tätig sind.
Eine klare Definition, was in einem Ökofonds drin sein darf und was nicht, gibt es nicht. Aber grundsätzlich gilt: Ökofonds investieren zumeist in Unternehmen, die nachhaltig mit den Ressourcen umgehen. Solche Unternehmen achten auf möglichst geringe negative Umweltauswirkungen ihrer Tätigkeit und Produkte in Bezug auf deren Planung, Produktion, Nutzung, Verwertung und Entsorgung. Wirklich grüne Unternehmen müssen sie deshalb aber noch lange nicht sein.
“Umwelt- und Nachhaltigkeitsfonds beziehen sich auf eine breite Palette langfristiger ökonomischer, ökologischer und sozialer Aspekte”, sagt Alexander Barkawi, Geschäftsführer von SAM Indexes, einem globalen Vermögensverwalter, der sich auf nachhaltiges Investment spezialisiert hat.
Klassenbester wird belohnt
Ein Auswahlkriterium hat sich bei der Suche nach passenden Unternehmen durchgesetzt. Das so genannte “Best-in-Class”-Prinzip. “Dabei werden jene Firmen selektiert, die in ihrer Branche eine Vorreiterrolle innehaben. Beispielsweise Toyota, die den Prius als Hybridauto serienmäßig produzieren”, erläutert Fonds-Experte Barkawi. Demnach werden Aktien nicht nach Branche und Produkt gefiltert. Stattdessen wird in Firmen investiert, die innerhalb ihrer Branche ökologische oder auch ethische Standards am besten umsetzen.
So schafft es unter anderem aber auch der Erdöl-Multi Total als Klassenprimus in verschiedene Nachhaltigkeitsfonds. Der Konzern fördert Meeresenergie-Projekte, die Strömungen ausnutzen, um damit Energie zu produzieren und ist in diesem Bereich eine Art Vorreiter. Aber ein wirkliches Öko-Unternehmen ist der Ölkonzern deshalb noch lange nicht.
Investieren in Technologie und Ethik
Wer dennoch sein Geld in eine sauberere Umwelt investieren möchte, kann das mit so genannte Umwelttechnologiefonds tun. Sie sind Ökofonds im wahrsten Sinne des Wortes, die explizit in Unternehmen investieren, die die Technologie für eine nachhaltige Energiegewinnung bereit stellen, zum Beispiel Solarenergie oder Windkraft.
Daneben gibt es auch so genannten Ethikfonds. Sie legen den Schwerpunkt auf Firmen, die sich sozial korrekt verhalten, also beispielsweise Mindestsozialstandards im Unternehmen einhalten, Frauen und Minderheiten gleich behandeln und auf Kinderarbeit bei Zulieferern verzichten.
Vor dem Kauf genau informieren
Verbraucher sind angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Fonds und Begriffe gut beraten, sich schon im Vorfeld zu informieren: “Ökofonds können durchaus interessant sein”, sagt Verbraucherschützerin Oelmann. “Allerdings sollte der Verbraucher genau schauen, ob seine Vorstellung von ökologisch verträglichem Wirtschaften mit seiner gewünschten Anlagestrategie übereinstimmt.” Verbraucher sollten sich deshalb vor dem Kauf fachmännisch beraten lassen oder zumindest den Fondsprospekt genau studieren. Er gibt Auskunft, wohin das Geld fließt.
Aber grundsätzlich sieht die Expertin in Ökofonds durchaus ein sinnvolles Investment: “Aber noch immer unterschreiben Kunden viel zu oft Verträge für Fonds, die sie nicht verstehen. Wir fordern einfach mehr Transparenz bei der Beratung.”
Einen guten Überblick über Fonds, die ökologische und ethische Kriterien berücksichtigen, gibt die Internet-Seite www.nachhaltiges-investment.org.
Quelle ( Stern.de )