Abzocke mit Bio Labeln? / 03.08.09

Im Lebensmittelbereich bieten diverse Siegel und Zeichen Orientierungshilfe, mit denen Verbraucher Produkte aus kontrolliert biologischem Anbau erkennen können. Das bekannteste Beispiel ist das Bio-Siegel des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, das einem Mindeststandard innerhalb der EU entspricht. Im sogenannten Non-Food-Bereich – also bei allen Produkten außerhalb des Nahrungsmittelbereichs – gibt es keine einheitliche Regelung. Verbraucher können aber trotzdem “bio” von “nicht-bio” unterscheiden. Markt deckt auf.bio-label

Im Dickicht echter und falscher Bio-Zeichen
Grün ist die Lieblingsfarbe der Industrie: Nachdem den Marketingabteilungen beispielsweise der Waschmittelhersteller nach “super”, “Power” und “ultra” die Steigerungs-Vorsilben ausgegangen sind, haben sie nun in Zeiten des Bio-Booms “öko”, “bio” und “natürlich” für sich entdeckt. Doch viele Bio-Reiniger, Öko-Textilien oder Natur-Kosmetika haben lediglich klangvolle Namen, sind aber oft nicht mehr als ein Werbeversprechen ohne Inhalt. “Im Lebensmittelbereich ist das Wort “bio” geschützt, es gibt feste Kriterien. In anderen Konsumgüterbereichen leider nicht und hier stellen wir doch häufig Wildwuchs fest”, erklärt Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg.

“Bio” als Verkaufsargument
Im Lebensmittelbereich steht “Bio” für einen kontrolliert biologischen Anbau, bei dem auf Pestizide oder Düngemittel, die für Mensch und Umwelt schädlich sein könnten, verzichtet wird. All dies rechtfertigt aus Sicht von bewusst einkaufenden Verbrauchern einen höheren Preis im Vergleich zu konventionell hergestellten Nahrungsmitteln. Der höhere Preis ist wohl ein Grund für Hersteller im Non-Food-Bereich, sich dem Bio-Trend anzuschließen.

Putz- und Waschmittel
 
 Bei Reinigungsmitteln sowie Waschmitteln setzt sich derzeit allmählich die sogenannte Euro-Blume durch, ein Umweltzeichen der EU-Kommission. Es unterliegt nicht ganz so strengen Prüfkriterien, wie etwa die bewährten Bio-Zeichen für Lebensmittelhersteller, bietet jedoch wenigstens einen Mindeststandard. Damit ist es mit dem schon genannten staatlichen deutschen Bio-Siegel vergleichbar. Vorsicht ist jedoch bei Beschriftungen wie “auf Basis nachwachsender Rohstoffe” geboten: Dies bedeutet lediglich, dass für Putzmittel zum Beispiel keine Erdöl-Produkte verwendet werden, sondern pflanzliche Öle. Doch diese stammen nicht automatisch aus kontrolliert biologischem Anbau. Umweltschutzverbände kritisieren, dass das häufig eingesetzte Palmkernöl meist aus Monokulturen stammt, für die Regenwälder abgeholzt und bedrohte Tierarten wie Orang-Utans ihres Lebensraumes beraubt werden.

Kleidung
Auch Textilien sind inzwischen vereinzelt mit der Euro-Blume gekennzeichnet. Hersteller verwenden aber zudem eigene Bio-Etiketten, wenn sie Bio-Baumwolle für die Stoffe verwenden. Zahlreiche bekannte Modeketten wollen den Anbau und die Verarbeitung von Bio-Baumwolle ankurbeln, indem sie die Nachfrage stärken. Bislang aber macht das “Bio”-Segment gerade einmal knapp 0,2 Prozent des Baumwoll-Weltmarktes aus.

Der Begriff “Bio-Baumwolle” bedeutet im Übrigen lediglich, dass die Baumwolle kontrolliert biologisch angebaut wurde. Der weitere Verarbeitungsprozess folgt meist konventionellen Regeln, schließt also den Einsatz von Chemie und Kinderarbeit nicht aus.

Verbraucher achten beim Kauf ihrer Kleidung zunehmend auf den sogenannten Öko-Tex-Standard. Doch auch wenn dieser die Vorsilbe “Öko” verwendet, bezieht er sich grundsätzlich ausschließlich auf einen niedrigen Schadstoff-Gehalt in den fertigen Textilien. Beim Öko-Tex-Standard 100 plus wird außerdem die Umweltfreundlichkeit der Produktionsstätte berücksichtigt. Und um wirklich als nachhaltig zertifiziert zu werden, müssten die Kleidungsstücke außerdem eine gewisse Zeitlosigkeit in Haltbarkeit und Stil besitzen, also nicht schon nach einer Saison im Müllcontainer landen. Diese Kriterien müssen allesamt erfüllt werden, um das GOTS-Zeichen verwenden zu dürfen, das wirklich Öko-Qualität garantiert. GOTS steht für Global Organic Textile Standard. Noch dürfen nur wenige Modemarken mit dem strengen Siegel des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft werben.

Kosmetik
 In kaum einem anderen Konsumgüterbereich wird so häufig mit leeren oder gar trügerischen Werbeversprechen gearbeitet wie bei der Kosmetik. Beispiel Haartönungen: Begriffe wie “Naturextrakte” oder “naturbasiert” sind in großen Buchstaben auf die Packung gedruckt. In der klein gedruckten Zutatenliste auf der Schachtel jedoch spielen sie meist nur eine Rolle im Bereich unterhalb von fünf Prozent der Inhaltsstoffe. Die Werbewirkung lenkt zudem davon ab, dass die Produkte nach wie vor krebserregende und allergieauslösende Stoffe enthalten.

Immerhin bietet der Bundesverband Deutscher Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und Körperpflegemittel (BDIH) mit dem “kontrollierte Natur-Kosmetik”-Zeichen eine verlässliche Orientierungshilfe. Auf internationaler Ebene zählt beispielsweise das noch recht junge “NaTrue”-Zeichen zu den zuverlässigen Gütesiegeln. Ein einheitliches Siegel gibt es aber auch für Naturkosmetik noch nicht.

Genau hinsehen
Wer sich für Bio-Produkte interessiert, sollte stets genau hinsehen. Vorsicht gilt grundsätzlich bei selbst-entworfenen Etiketten und Siegeln. Ohne unabhängige Zertifizierung gibt es keine echte Bio-Garantie.

Quelle ( NDR )

This entry was posted in Alle, News and tagged , , . Bookmark the permalink.

Hinterlasse eine Antwort